Tizian, Der Spiegel der Venus - Eros, Mythos und Liebe in der großen Malerei des venezianischen Meisters aus dem 16. Jahrhundert.
Tiziano Vecellio verkörpert die Größe der venezianischen Renaissance-Kunst und ist Schöpfer einer durch chromatischen und kompositorischen Reichtum erzielten stilistischen Revolution, die den gesamten Verlauf der Malerei des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts beeinflussen sollte.
Dieser venezianische Künstler entwickelt sich anhand des melancholischen und hermetischen Lyrismus Giorgiones, dem Maler, dem es als Erstem gelang, Landschaft und Figuren mithilfe farblicher Nuancen zu verschmelzen. Bereits das Konzept der Sinnlichkeit in seiner modernen Interpretation ist eine Erfindung Tizians. Die Kunst Raffaels war entscheidend, um die aus dem Studium der Antike entlehnte sonnige, freudige Darstellung des weiblichen Körpers aufzugreifen, welche jedoch mit einer komplexeren, subtileren Sensibilität dargestellt werden sollte, als es der große Urbinate in seinem erhabenen Klassizismus getan hatte.
Die von Tizian eingebrachte Dominanz der Farbe gegenüber der Zeichnung eröffnet eine Epoche, die durch die Vorherrschaft der chromatischen Elemente bei der Suche nach der Üppigkeit der Formen gekennzeichnet ist, welche in der Lage sind, die leuchtende Schönheit der Körper und Ornamente in einem Prozess hervorzuheben, der mit den stilistischen Exzessen des Barocks enden wird.
Die Aufträge mächtiger Herrschaftshäuser und Herrscher der Zeit, wie den Este, den Gonzaga und dem spanischen Königshaus, welche daran interessiert waren, in ihrer Privatsphäre eine von sinnlicher, weiblicher Nacktheit bevölkerte mythische Welt zu erschaffen, veranlasste Tizian, ein "erotisches" Genre zu begründen, in dem der Wert der Vanitas und der mondänen Liebe verherrlicht wird.
Im Gegensatz zu den Vorstellungen von weiblicher Schönheit als Spiegelbild der geistigen Schönheit, wie sie die Kultur des 15. Jahrhunderts geprägt hatte, glänzen Tizians mythologische Gemälde durch eine intensive, elegante Erotik, die definitiv ohne moralisierende Verweise und sublimierte Leidenschaften auskommt. Tizians Venusdarstellungen und andere Göttinnen sind geschminkte und mit Juwelen geschmückte modische Damen, die ihre nackte, jugendliche Schönheit bewundernd im Spiegel in dem Bewusstsein betrachten, dass sie wollüstig von einem Beobachter angesehen werden, dem sie mit einem schmachtenden Lächeln antworten.
Das Thema des Spiegels als Symbol des Eros liegt Tizian am Herzen, welcher parallel zur Vorstellung Giorgiones von der Natur als primärem Schauplatz menschlicher und göttlicher Szenen auch private, intime Innenräume als Orte mythischer Ereignisse einführt. Seine letzten, im historischen Kontext der Gegenreformation entstandenen Werke spiegeln einen tragischeren Sinn für die Liebesaffären der Götter wider, welche von einer Unausweichlichkeit des Schicksals erfüllt sind, dem selbst die hedonistische, rebellische Kraft des Eros unterliegt, der bis zu diesem Moment die prächtigen, schillernden "Poesien" Tizians durchdrungen hatte.
Der Vortrag wird mit deutschen Untertiteln am 06.05.2021, ab 12.00 Uhr auf dem Youtube-Kanal des Italienischen Kulturinstituts Köln unter folgendem Link zu sehen sein: https://youtu.be/vOrJ6KiZtCg
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit: Italienisches Kulturinstitut Hamburg, Deutsch-Italienische Gesellschaft Düsseldorf, Vereinigung der Deutsch-Italienischen Gesellschaften in Deutschland (VDIG).